Asyl Asylbewerberinnen und Asylbewerber Asyldebatte
15. Oktober 2015

Wir schaffen das – was denn sonst? Für mutige Antworten in der aktuellen Asyldebatte

Es kommen Menschen zu uns. Ja, es sind viele. Und ja, wir schaffen das. Was denn sonst? Wer, wenn nicht wir? Und wann, wenn nicht jetzt?

Deutschland geht es gut. Die Steuereinnahmen sind hoch. Die Arbeitslosigkeit niedrig. Es gibt glücklicherweise den Mindestlohn. Gute Voraussetzungen also, um Herausforderungen mutig anzunehmen.

Zum Mutig Sein gehört Ehrlichkeit. Ehrlich ist aus meiner Sicht klar zu sagen: Es gibt kein Mittel, welches wir vor uns selber aushalten, das die Menschen, die zu uns kommen, „stoppt“. Selbst ein „Eindämmen“ ist schwer. Wir dürfen nichts versprechen, was wir nicht halten können. Und wir sollten nichts versprechen, was wir nicht durchhalten.


Je öfter wir von Begrenzungen, Stoppen, Eindämmen reden, desto eher sagen uns die Menschen: Ja, dann macht! Nur wie?

„Stoppen“? „Eindämmen“? Heißt das nicht, Menschen schlicht außerhalb unseres Sichtfeldes zu drücken? Sind sie dann weg? Geht es Ihnen dann besser? Nur mal angenommen, wir könnten die Grenzen „dicht“ machen. Halten wir Bilder von frierenden, leidenden Menschen vor unseren Grenzen aus? Wollen wir das? Ich nicht!

Nein, die Menschen sind unterwegs. Bei Weitem nicht alle kommen zu uns. Aber eben viele. Sie sind unterwegs, weil sie für sich und ihre Familien keine Perspektive sehen dort, wo sie herkommen.

Das einzige, was hilft, ist die Fluchtursachen zu bekämpfen. Ehrlicher Weise müssen wir sagen, dass diese Erkenntnis bis vor ein paar Wochen in weiten Teilen unserer Bevölkerung und der politischen Ebenen keine Lobby hatte. Was kümmern wir uns denn um andere, gibt es bei uns nicht genug zu tun? Das hörte ich oft. Nutzen wir jetzt die Chance, Fluchtursachen konsequent zu bekämpfen. Und dazu gehört nicht nur unsere und die europäische Entwicklungshilfe, sondern beispielsweise auch eine Reflektion unserer Wirtschaftspolitik.

Das ist nachhaltig, aber eine Daueraufgabe. Und es führt nicht unmittelbar zu einem „Stopp“. Es werden weiter Menschen zu uns kommen. Auch das müssen wir ehrlich sagen.

Damit verändert sich unsere Gesellschaft. Wohin, wie weit, in welche Richtung – das können wir beeinflussen. Aufhalten können wir es nicht. Im Gegenteil:

Die Herausforderung, die Menschen zu integrieren, geht nicht vom Wünschen weg. Wir müssen uns mit eigenen, mutigen und konstruktiven Antworten der Aufgabe stellen. Und zwar für allem Menschen, die hier leben und hier leben werden. Für die schon lange hier Lebenden wie die gerade zu uns Kommenden. Wir müssen wissen, wer wir sind und was wir wollen. Wir müssen sagen: So schaffen wir das!

  • Finanzielle und logistische Unterstützung der Kommunen
  • Finanzielle und logistische Unterstützung der Engagierten, Ehrenamtlichen, der Helferinnen und Helfer
  • Ein Integrationsgesetz schaffen
  • Integrationskurse verpflichtend für alle
  • Deutschkurse für alle und so schnell als irgend möglich unabhängig vom Status
  • Sofortige Zugänge zum Arbeitsmarkt zu Bedingungen des geltenden Mindestlohns bzw. zu Tarifbedingungen
  • Anerkennung von Abschlüssen verbessern
  • Kinder- und Jugendhilfe so aufstellen, dass jedes Kind und jeder Jugendliche die Möglichkeit hat, hier sofort anzukommen und in die Unterstützung zu kommen
  • Kooperationsverbot im Bildungsbereich aufheben, damit der Bund die Kitas und Schulen direkt unterstützen kann
  • Schulsozialarbeit an jeder Schule für alle Schülerinnen und Schüler
  • Gesundheitliche Versorgung entbürokratisieren und Geflüchtete leichter zugänglich machen, Traumabehandlungen zugänglich machen
  • Wohnungsbau

Das reicht nicht? Da fehlen noch Bereiche? Das wird teuer? Ja, sicher. Es ist eine Aufgabe, der wir uns in allen Bereichen und auf allen föderalen Ebenen zu stellen haben. Bei der wir neu denken müssen. Bei der wir alte Muster zu den Akten legen müssen. Und bei denen wir unsere Werte, Haltung und Menschlichkeit bewahren müssen, gerade wenn diese unter Druck stehen.

Ich will damit sagen: Handlungsfähigkeit können wir zeigen. Das Asylrecht und die Leistungen für Geflüchtete müssen wir dafür nicht einschränken.